09.02.2025
Worte aus der Kirche zum 09.02. 2024

Von Stürmen und Glauben

  Wenn Sie an diesem Sonntag in die Kirche gehen, werden Sie vielleicht die Geschichte von der Sturmstillung hören. Jesus und seine Jünger geraten in ein lebensbedrohliches Unwetter. Während die Jünger um ihr Leben kämpfen, schläft Jesus. Als sie ihn voller Angst wecken, beruhigt er den Sturm mit wenigen Worten. Doch anstatt sie zu trösten, stellt er ihnen eine harte Frage: „Habt ihr immer noch keinen Glauben?“

Diese Geschichte berührt mich. Die Angst der Jünger ist mir nur allzu vertraut. Sie fürchten um ihr Leben, sie sind in großer Not. Und mit ihnen schreie ich: „Jesus, kümmert es dich nicht, dass wir untergehen?“ Manchmal fühlt es sich genauso an – angesichts des Leids in der Welt, aber auch in unserem persönlichen Umfeld.

Vielleicht schmerzt die Frage nach dem Glauben besonders, weil wir ehrlich antworten müssten: „Nein, diesen Glauben habe ich nicht.“ Oder: „Nein, ich habe ihn nicht mehr.“

Doch die Bibel endet nicht an dieser Stelle. Die Geschichte Jesu mit seinen Jüngern geht weiter. Und vielleicht geht sie auch mit uns weiter. Ob ich Jesu Tadel eines Tages anders verstehen werde, weiß ich nicht. Für mich bleibt er hart und passt nicht zu dem, was ich sonst von ihm kenne.

Mich tröstet, dass genau das möglich ist: Ein ehrliches, vielleicht sogar ein erschüttertes „Nein. Nein, ich glaube nicht.“ Denn ich glaube, Vertrauen kann nur aus Ehrlichkeit erwachsen. Und glauben heißt vertrauen. Mich tröstet, dass ein solches Nein kein Abbruch sein muss, sondern ein Anfang sein kann. Der Anfang eines Glaubens, der nicht Erwartungen erfüllen muss, sondern der eigene ist. Ein Glaube, der nicht unerschütterlich sein muss, sondern vom Leben geprüft ist. Ein Glaube, der keine Wunder mehr braucht und trotzdem in Stürmen trägt.

Pfarrer Manfred Kiel, Schönhausen (Elbe)