21.07.2024
Grünkäppchen macht Ferien!

Letzter Arbeitstag und dann auf in die Ferien! Grünkäppchen, der Junge mit der gehäkelten Grünen Mütze aus Grünenwulsch, war urlaubsreif und klar zur Abreise.

Die Packtaschen an seinem Fahrrad waren angelegt und gefüllt, und morgen sollte es losgehen. Ein kleiner Alarm der freiwilligen Feuerwehr, der er angehörte, kam noch dazwischen. Nach der Beseitigung einer Ölspur zwischen Garlipp und Bismark ging es dann los. Ferienzeit bedeutet Reisezeit. Raus aus dem alltäglichen Trott und hinein in die „heilige“ Zeit des Urlaubs. Also rein in den Sattel, das Lied „Schön ist die Welt“ angestimmt und ab ins Riesengebirge nach Polen. Das war Grünkäppchens Ferienreise in diesem Jahr. Die Elbe rauf durch Magdeburg, Wittenberg und Dresden, und dann ab ins Reich des Berggeistes Rübezahl. Schon in Sachsen bemerkte Grünkäppchen die für ihn fremde Mentalität der „Kaffeesachsen“. Über die schlesische Oberlausitz ging es in die Berge. Und spätestens hinter Görlitz war Grünkäppchen der „Ausländer“ und Fremde. Die fremde Sprache, das fremde Land, die fremde Kultur; all das wollte Grünkäppchen ins diesem Sommer er-radeln und erfahren. Er dachte an die Zeitungsandacht des letzten Samstags: „So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen (Eph 2,19)!“ hatte da gestanden. Und nun erlebte Grünkäppchen genau das. In der Stabkirche Wank bei Jelenia Gora am Fuße der Schneekoppe wurde er vom lutherischen Pfarrer Boguslaw willkommen geheißen beim „Tag der offenen Tür“ in dem Gotteshaus. Pfarrer Boguslaw sprach zwar kein Wort Deutsch, aber mit Englisch und viel gutem Willen verständigte man sich. Ganz deutlich war das Band des Glaubens zu spüren und der Stallgeruch der Kirche. Aber: Menschen sind Menschen! Und beim Essen im tschechischen Harrachow, mit Schweinebraten, Semmel-Knödeln, Sauerkraut und guten Bier, erzählten sich die beiden Christenmenschen aus ihrem Leben. Pfarrer Boguslaw hatte Grünkäppchen eingeladen. Beim Essen erzählte Grünkäppchen von seiner Arbeit als Parkranger im Naturschutzgebiet Drömmling und Boguslaw berichtete von seiner „Berufung“ zum lutherischen Pfarrer im ansonsten katholischen Polen. Grünkäppchen verabschiedete sich am nächsten Tag mit dem Wort „Freundschaft!“ von Pfarrer Boguslaw. Ein Mensch hatte einen anderen Menschen zum Freund gewonnen. An vielen Orten in Polen war Grünkäppchen in diesen Ferien noch Gast, Fremder und Freund; im Breslauer Dom, bei der schwarzen Madonna in Tschenstochau, in der Burg Wawel in Krakau der ehemaligen Residenz der polnischen Könige oder in der KZ-Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau. Fast überall wurden Fremde zu Freunden. Grünkäppchen war dankbar für alle seine Erlebnisse; für die Gastfreundschaft während seiner Urlaubszeit, und für das Wohlwollen der Menschen. Einer Warschauer Feuerwehr durfte Grünkäppchen bei der Beseitigung einer Ölspur helfen. Es gibt so viel, was Menschen verbindet.

„So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen (Eph 2,19)!“ Richtig! Grünkäppchen hatte in seinen Ferien viele Mitchristen und Hausgenossen Gottes getroffen, aber auch sehr viele Menschen guten Willens. Völkerverständigung kann manchmal so einfach sein. Es reicht die ausgestreckte Hand und der Wille zur Verständigung.

Pfarrer Stefan Kemper-Kohlhase aus Kläden