29.03.2024
Beerdigung ist wie Karfreitag
„Erde zu Erde, Asche zu Asche und Staub zu Staub!“ Gestorben und begraben. Tod und Ende. Das schlimmste an einer Beerdigung ist wohl immer der Augenblick, wenn die Urne mit der Asche des Verstorbenen oder der Sarg in die Grube gelassen wird.
Nirgendwo wird das Ende eines Menschenleben wohl so schmerzlich deutlich. Dann ist die Beerdigung wie Karfreitag. Endgültiger Abschied, Kummer, Klage und Trauer. Die Angehörigen stehen am Grab wie die Jünger und die Frauen am Kreuz. Tod, Trauer und Abschiedsschmerz. An einer Beerdigung und am Karfreitag ist nichts Schönes, auch wenn Leute das häufig sagen. Deshalb ist seine Farbe auch schwarz. Das in den englischsprachigen Ländern der Karfreitag „Good friday“, also „guter Freitag“ genannt wird, ist für mich unverständlich. Sicher man kann auf den stellvertretenden Tod Jesu für die Sünden der Welt am Kreuz hinweisen, aber gut im Sinne von schön ist am Karfreitag gar nichts. Das Kreuz ist bitter wie der Tod. Und Kreuzigung ist kein volkstümliches Beiwerk des Christentums. Kreuzigung ist eine brutale Hinrichtungsmethode und sonst gar nichts. Und wenn wir in den Kirchen, Trauerhallen, Friedhöfen oder am eigenen Hals ein Kreuz haben, dann ist dies kein Schmuck. Das Kreuz symbolisiert einen Hinrichtungsgegenstand. Würde Jesus in unserer Zeit hingerichtet werden, in China, den USA, dem Iran oder Indien beispielsweise, dann würden wir Christen vielleicht eine Giftspritze, die Guillotine/Fallbeil, einen elektrischen Stuhl oder einen Galgen verehren. Dann wäre das in seiner brutalen Wirklichkeit eben so. Tod, Ende, Abschied.
Beim Gang über den Klädener Friedhof ist mir aufgefallen, dass auf vielen Grabsteinen Rosen abgebildet sind. Warum eigentlich Rosen? Rosen sind Symbole für die Liebe der Menschen zueinander. Deshalb werden auch Rosen verwendet um am offenen Grab Abschied zu nehmen. Die rote Farbe steht für den Heiligen Geist und die Liebe Gottes zu den Menschen. Daher heißt es im Spruch für den Karfreitag: Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben." (Joh 3,16)
Und die Liebe Gottes weist uns auf Ostern. Karfreitag und Ostern gehören zusammen. Ohne Ostern, ohne die Hoffnung auf das ewige Leben am Ostermorgen, wäre Jesus Tod am Kreuz vollkommen vergebens gewesen. Und keine Osterfreude ohne die Trauer und den Schmerz des Karfreitags. Und so beerdigen wir unsere Toten auch immer in der Hoffnung auf das ewige Leben. Weil Jesus am Ostermorgen auferstanden ist, dürfen wir auf die Auferstehung der Toten hoffen. Unser Glaube ist ein Auferstehungsglaube. Und mit ihm verbunden ist die Hoffnung. Mit dem Tod ist nicht alles zu Ende. Deshalb auch beim Abschiednehmen die Rosen. Mit ihren Dornen weisen sie uns auf das schmerzliche des Todes hin und auf Jesu schmerzvollen Tod am Kreuz, auf die Dornenkrone und seine Wunden. Rosen weisen aber auch immer mit ihrer Lebenskraft auf die Liebe Gottes am Ostermorgen hin. Liebe, die aus dem Tod am Kreuz neues Leben wachsen läßt. Die erblühende Rosenranke des ewigen Lebens ist ein Hoffnungssymbol. Und Menschen, die für ihre verstorbenen Angehörigen die „grüne Wiese“, eine sog. „weltliche“ oder gar keine Trauerfeier wählen, die berauben sich dieser Hoffnung und dieser Erinnerungsmöglichkeit.
Ist mit dem Tod wirklich alles aus? Ist es richtig das schmerzvolle des Todes, die Trauer und die Erinnerung an die Verstorbenen aus dem Leben zu verdrängen? Ich meine nein! Wir brauchen die Karfreitagserlebnisse.
„Erde zu Erde, Asche zu Asche und Staub zu Staub!“ Ja! Aber in der Hoffnung auf das ewige Leben. Und deshalb kann ich am Karfreitag frohgemut und mit Hoffnung auf das ewige Leben mit Jesus den Psalm 22 beten, denn der Psalm 22 ist ein Hoffnungspsalm.
Gebet zum Karfreitag: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne. Mein Gott, des Tages rufe ich, doch antwortest du nicht, und des Nachts, doch finde ich keine Ruhe. Aber du bist heilig, der du thronst über den Lobgesängen Israels. Unsere Väter hofften auf dich; und da sie hofften, halfst du ihnen heraus. […] (Ps 22,1-5). Amen.
Pfarrer Stefan Kemper-Kohlhase, Kläden