30.03.2025
Worte aus der Kirche zum 30.03.2025

Wort zum Sonntag für den 30.3.2025 „Mein ferner naher Gott“

  Veilchen, Osterglocken und Hyazinthen, durchbrechen in diesen Tagen schon das Erdreich. Das Frühjahr kündigt sich mit lautem Vogelgezwitscher und all den Spuren in der wiedererwachenden Natur deutlich an. Ostern steht bevor, aber noch befinden wir uns in der Passionszeit. Sie erinnert an das Leiden und Sterben Jesu und lädt dazu ein, sich mit dem oft verdrängten Thema Tod auseinander zusetzten.

In diesem Sinne: Wann waren Sie das letzte Mal auf einer Beerdigung oder auf einem Friedhof?

Als Pfarrerin bin ich bereits von Berufswegen oft mit Fragen rund um das Lebensende konfrontiert. Aber auch privat habe ich schon an etlichen Trauerfeiern teilgenommen. Wie jemand die eigene Lebensgeschichte bewertet, ob Tod und Sterben mit Angst besetzt sind, ob einer schmerzempfindlich ist, gläubig oder nicht - das ist bei jedem Menschen anders und wechselt manchmal sogar von Stunde zu Stunde, Tag zu Tag.

Immer mal wieder werde ich zur „Aussegnung“ in ein Sterbehaus gerufen. In liebevoller und würdiger Weise verabschieden sich dann die Hinterbliebenen unter Gebet und Gottes Wort vom Verstobenen. Sie erzählen mir, wie ihr geliebter Angehöriger verstorben ist. Mitunter habe ich den Toten in den letzten Wochen oder Tagen sogar begleitet.

Es gibt Situationen, wo ich wie im Markusevangelium (Kap. 15,34) mit Jesus am Kreuz schreien könnte „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich (uns) verlassen?“ Dabei handelt es sich meist um dramatische Todesumstände, Menschen, die viel zu früh gehen oder auch schwer leiden mussten.

Der Dichter Hölderlin dichtete in seiner Hymne „Patmos“: „Nah ist und schwer zu fassen der Gott. Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“

Und das erlebe ich in anderen Momenten. Wenn ich höre, wie die Verstorbene versöhnt mit dem Leben loslassen konnte. Wenn die ganze Familie bis hin zum Urenkel da war, als ruhig der letzte Atemzug getan wurde. Oder wenn jemand die Kraft und Stärke besaß, klar dem eigenen Sterben entgegenzusehen.

Ja, es gibt auch ein irgendwie schönes „von der Welt gehen“. Wenn der Mensch, der geht, lebenssatt war. Das Leben erfüllt, am Ende sich alles rund angefühlt hat, es genug war. Wenn trotz tiefer Traurigkeit in der Todesstunde selbst, sich ein für alle annehmbarer Friede ausbreitet. Dann lässt sich Gottes Kraft und Gegenwart deutlicher spüren.

Unser christlicher Glaube sagt, dass Gott aber auch im Leid erscheint und da ist. Dies ist jedoch in den dunkelsten Stunden so „schwer zu fassen“, gar zu glauben.

Der ferne Nahe, der nahe Ferne, Gott ist immer beides in Einem. Ich blicke ihm nicht in die Karten. Die finstere „Warum-Frage“ des Lebens, wird auf Erden nicht aufgeklärt. Die ersten und letzten Pläne nicht dargelegt. Aber Gottes Nähe wird mir dennoch verheißen.

Ich muss mit der Spannung leben. Mein Glaube ist kein todsicheres Rezept, sondern nur erfahrbares und verheißungsvolles Angebot gerade in den tiefsten Tälern des Lebens. Der Zweifel wird bleiben. Der christliche Glaube ist keine letzte Antwort, aber er ist doch ein hoffnungsvoller Umgang mit den Krisen und Abgründen, in denen ich nach Beistand suche.

Und ich glaube: In allem, was kommt, kommt immer auch Gott. Daran halte ich mich fest! Darauf vertraue ich! Und Gott schenke mir diesen Glauben immer wieder neu, auf das dann wirklich Ostern werden kann!