23.01.2023
Wort zum Sonntag 29.01.2023
Ein Schatz in uns - Gedanken zur Erinnerung und Besinnung
Endlich ist der Baum wieder raus. Der Weihnachtsschmuck behutsam beiseite geräumt. Der Alltag hat wieder seinen Platz. Nun ist auch mal gut, mit Deko und Tannengrün der glanzvollen Zeit. In den letzten Jahren habe ich absichtlich ein Teil hängen gelassen. Ganz bewusst habe ich mir gesagt, es bleibt ein Strohstern hängen – nicht etwa vergessen, sondern als Erinnerung. Aber nun endet in den nächsten Tagen die Epiphaniaszeit. Die Weihnachtszeit ist dann vorbei.
Trotzdem brauche ich für mich kleine Erinnerungen. Manchmal sehne ich mich nach einem kleinen Lichtblick. Dann begrüßt mich dieser Hinweis auf Weihnachten, auf den Beginn einer neuen Zeit. Jesu Geburt, das Heilige mitten drin im Leben, das ist die eigentliche Zeitenwende. Es braucht Hinweise auf diese Hoffnungsquelle.
An anderen Stellen ist es das Kreuz, das für einen Moment in den Blick kommt. Das Kreuz, das da sagt: „Du bist nicht allein. Du trägst nicht allein an der Last dieser Welt“. Oder es sind kleine Zeichen des Dankes, die mich erreicht haben, oder Fotos von großen bewegenden Momenten. Die Seele braucht Erinnerungen – immer wieder.
Manchmal berichten mir Menschen im Rückblick auf das Leben eines Verstorbenen, welche Geheimnisse sich auftun, oder welche Besonderheiten da waren. „Wir wussten gar nicht, dass unsere Mutter so lange Tagebuch geschrieben hat“. „Wir ahnten nicht, dass sie in ihrer Schublade ein wunderschönes Kreuz liegen hatte“. „Wir wussten nicht, dass der Glaube eine Rolle spielte, aber Vater hatte da ein besonderes Foto aufgehoben, das ihm wichtig war. Wir haben nie verstanden, warum er unbedingt an jenen Ort reisen wollte. Kurz vor seinem Tod hat er berichtet, dass er dort einem Mann begegnet war, der ihm den Weg seines Lebens gewiesen hatte“.
Gerade im Rückblick auf ein zu Ende gegangenes Leben tun sich manchmal andere Blicke auf. Was hat ihn oder sie durch das Leben getragen? Was hat ihn ermutigt? Wonach hat er sich gesehnt? Was hat sie wieder aufstehen lassen aus ihrem Schmerz?
Im zweiten Brief an die Gemeinde in Korinth nennt der Apostel Paulus das so: „Wir tragen diesen Schatz in zerbrechlichen Gefäßen. So soll deutlich werden, dass unsere übergroße Kraft von Gott kommt und nicht von uns“.
Alles Äußerliche ist irdisch und vergänglich, aber im Innersten ist ein Schatz von Leben, von Hoffnung und Versöhnung. Tief drinnen ist ein Halt und eine Geborgenheit, die ausstrahlen. Das ist etwas Kostbares, über das ein Mensch nicht verfügen kann, sondern es immer mal wieder unerwartet als Zugang zu neuen Lebenskräften erfährt.
Ich wünsche uns, dass etwas weitergeht von der Zeitenwende unter dem Stern von Bethlehem. Ich wünsche uns, dass wir mit Paulus Worten tief drinnen in unserem Leben etwas spüren von der großen Kraft, die uns sagen lässt: “Uns ist bange, aber wir verzagen nicht.“ Ich wünsche uns einen persönlichen Zugang zur Quelle des Vertrauens und der Versöhnung. Gott kennt dafür viele Wege.
Ulrich Paulsen