11.10.2023
Was sagt man da?

  An der Haustür klingelt es. Langersehnter Besuch kommt. Nach einer ausführlichen Begrüßung werden die Erwachsenen mit Blumen und Pralinen bedacht und für die kleine Tochter des Hauses gibt es ein niedlich verpacktes Geschenk.

 

Schüchtern nimmt sie es entgegen. Was da wohl drin sein mag? Sie kennt das schon. Wenn Besuch kommt, gibt es manchmal ein Geschenk. Darauf freut sie sich. Aufgeregt knistert sie mit dem Papier und will in ihr Zimmer laufen, um das Geschenk auszupacken. Sie wird zurückgerufen und hört den Satz, den wohl viele aus ihrer Kindheit kennen: Was sagt man da? Vielleicht haben sie ihre eigenen Kinder oder Enkel auch schon mal erinnert... Was sagt man da? Eigentlich weiß sie es ganz genau - DANKE - aber vor lauter Aufregung hat sie es eben glatt vergessen und sagt dann schüchtern und ganz leise - danke.

Dankbarkeit kann eine Lebenshaltung werden, wenn man schon ganz früh daran erinnert wird, dass alles, was wir haben eben nicht selbstverständlich ist.

Das Erntedankfest liegt nun schon ein paar Tage hinter uns. Die Dankbarkeit für die Fülle der Gaben, die Gott uns schenkt - der Duft nach Äpfeln, die prächtige Erntekrone, das Brot und die Trauben.

Danket dem Herrn, denn er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich. So können wir es im 118. Psalm lesen und und werden im Psalm 103 erinnert: Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. Diese Verse können uns im Alltag immer wieder eine Erinnerung daran sein, dankbar zu leben. Es gibt viele Gründe zum Danken, doch oft vergessen wir das und nehmen so vieles als selbstverständlich hin. Viel eher beklagen wir, was alles nicht da ist und wir vielleicht gern hätten. Da kommt mir das Bild von einem Glas in den Sinn, das zur Hälfte mit Wasser gefüllt ist. Man kann es auf zweierlei Weise betrachten und sagen: Das Glas ist halbvoll. Wunderbar. Danke. Ich schaue, was ich mit der mir gegeben Menge an Gaben anfangen kann. Es gibt so viele Möglichkeiten. Ich kann teilen, mich einbringen, kann aufmerksam leben...

Man kann das Glas aber auch anders betrachten und sagen: Das Glas ist halbleer. Was kann ich damit schon anfangen. Das lohnt doch nicht. Die anderen haben aber mehr. Ich kann ja doch nichts bewegen…

Dankbar leben und das Lob Gottes nicht vergessen oder immer nur darauf sehen, was gerade nicht geht. Halbvoll oder Halbleer.

Es kommt auf unsere eigene Betrachtungsweise an. Ich wünsche ihnen einen aufmerksamen Blick. Bleiben Sie behütet.

 

 

Claudia Kuhn, Pfarrerin i.R.