08.11.2023
Novembergedanken

  Was ist es nur um den 9. November, diesem historisch überreich besetzten Tag? Am 9. November haben sich so viel wichtige Ereignisse zugetragen, dass ich nur an einige Daten erinnern kann.

Vielleicht fällt manchem sofort der wichtige 9. November 1989 ein, an dem die Mauer in Berlin aufhörte, Freiheit unmöglich zu machen. 28 Jahre verhinderte die Mauer das Recht auf Freizügigkeit wahrnehmen zu können. Inzwischen sind 34 Jahre vergangen. Die Freiheit währt nun schon länger, als die Mauer in Berlin gestanden hat. Im Jahr 1967 war es wieder ein 9. November, an dem in Hamburg ein Studentenprotest anlässlich eines Rektoratswechsels die 68er Bewegung hervorrief. Weiter zurück gedacht bleibe ich in Gedanken beim 9. November 1938 stehen. In der Reichspogromnacht brannten in ganz Deutschland die Synagogen und wurden ungezählte Schaufensterscheiben jüdischer Geschäfte zerschlagen. Das war nicht der Beginn der Judenverfolgung, aber das unübersehbare Fanal vor dem erklärten Ausrottungsziel aller Juden durch die Nationalsozialisten.

In der Nacht vom 9. Zum 10. November 1936 entfernten Nazihorden das Denkmal für Felix Mendelson Bartholdy in Leipzig. Der Hitler - Ludendorff - Putsch mit dem Marsch auf die Feldherrenhalle in München geschah wiederum an einem 9. November im Jahr 1923.

Das Ende des Deutschen Kaiserreiches und die Ausrufung der Republik in Berlin nach der Novemberrevolution erfolgte am 9. November 1918. Auch das Jahr 1906 kennt einen historischen 9. November. An diesem Tag trat zum ersten Mal ein amerikanischer Präsident eine Auslandsreise an mit dem Ziel, die Baustelle des Panamakanals zu besuchen. Die 9. Novemberereignisse des 14. – 19.- Jahrhunderts lasse ich unerwähnt, doch auch in diesem Zeitraum gibt es viele Beispiele.

In diesem November bedrängen uns Kriegsbilder von verschiedenen Orten der Welt. Wenn ich die Reaktionen in Kommentaren, Leserbriefen und verschiedenen Demonstrationen betrachte, dann zeigen sich Meinungen und Haltungen, die unterschiedlicher nicht sein können. So wie sich auf den Schlachtfeldern die Gegner unversöhnlich gegenüberstehen, so sind im Zivilleben die Meinungen völlig gegensätzlich. Was der Eine sagt, will der Andere nicht hören und was ein Anderer denkt, soll der Nächste nie erfahren. An vielen der historischen Novembertage standen sich Menschen gegenüber, die sich nicht verstanden und für völlig gegensätzliche Ziele kämpften. Im Blick darauf fällt mir ein Wort ein, dass schon vor Jahrhunderten formuliert wurde – „Behandelt die Menschen so, wie ihr selbst von ihnen behandelt werden wollt“. Diese Weisheit aus der alten Welt kann für unsere Gegenwart lebenswichtig sein. Sollte es einst einem 9. November vorbehalten sein, dass sich die Welt darauf verständigt? Schlecht wäre es nicht.

 

Pfarrer Norbert Lazay aus Gladigau