09.05.2024
Sehnsuchtswort Himmel

Clara ist neun und ein aufgewecktes Mädchen. Sie geht in die 3. Klasse und ihre beste Freundin heißt Leonie. Im Instrumenten-Kreisel hat sich Clara das Waldhorn ausgesucht.

Ausgerechnet, denkt ihre Mutter. Aber was soll´s: Noch macht ihr das Üben Freude. Clara ist überhaupt ein fröhliches Kind.

Nur eins macht sie traurig: Dass ihre Oma gestorben ist - im Herbst, vor zwei Jahren. Clara hatte sie sehr lieb. Noch heute denkt sie viel an sie. Sie weiß noch genau, wann ihre Oma Geburtstag hat. Darum schreibt sie ihr einen Brief. „Happy Birthday“, schreibt sie auf einen großen Zettel, und „Ich wünsche dir alles Gute. Feiere schön da oben mit deinen Freundinnen.“ Damit der Brief auch „da oben“ ankommt, hängt Clara ihn an einen Luftballon. Der fliegt und fliegt, immer höher und höher. Irgendwann verschwindet der bunte Punkt in der Weite des Himmels.

„Himmel“ - das ist ein Sehnsuchtswort. Wer dem Himmel traut, erhofft sich „Schutz und Schirm vor allem Bösen“, wie es in der Bibel heißt. Der Himmel möge uns behüten vor dem, was die Erde uns antun kann. „Im Himmel“ antworten Menschen manchmal, wenn sie gefragt werden, wo genau Gott denn sein. Und auch wenn jemand gestorben ist, heißt es oft, der oder die Verstorbene sei im Himmel. Auch Clara schaut gern nach oben und erinnert sich an die Oma.

„Himmel“ ist ein Wort für das Unvorstellbare. Wir können uns nicht vorstellen, dass ein Mensch, der gestorben ist, einfach weg ist. Wir wünschen uns die Verstorbenen gut aufgehoben. Dafür steht das Wort „Himmel“. Es ist Sinnbild für die Ewigkeit. Wer „Himmel“ sagt, meint eine Hoffnung, die weit über diese Erde hinausgeht.

Am Donnerstag feiern wir wieder „Christi Himmelfahrt“. In der Bibel wird erzählt, dass Jesus 40 Tage nach Ostern „in den Himmel aufgenommen“ worden sei. Offenbar haben sich schon die ersten Christinnen und Christen gefragt, wie das so geht: Dass Jesus erst lebt und dann getötet wird; dass er seinen Anhängern wieder erscheint und schließlich doch wieder weg ist. Das ist nicht leicht zu verstehen, finde ich. Mal so, mal so. Da können Menschen schlecht folgen.

Um das Fest „Christi Himmelfahrt“ irgendwie verständlicher zu machen, hat man diesen Tag vor einiger Zeit zum „Vater-“ oder „Herrentag“ erklärt. Das hat etwas für sich, finde ich. Schließlich handelt Gott-Vater an diesem Tag an seinem Sohn. Insofern passt „Vater-“ oder „Herrentag“ schon irgendwie zur „Himmelfahrt“: Wer dem Himmel traut, hält Wunder für möglich und hofft auf die Weite der Ewigkeit.

So wie Clara. „Happy Birthday“, schreibt sie ihrer verstorbenen Oma, und „feiere schön da oben“. Das Mädchen hofft, dass ihre Oma nicht einfach nur weg ist, sondern dass sie sie immer noch hört und sieht. Diese Hoffnung finde ich wunderbar. Der „Himmel“ ist ein altes und schönes Bild dafür, dass Gottes uns nahe ist – zu Himmelfahrt und an jedem Tag unseres Lebens.

Pfarrer Markus Schütte aus Stendal