29.03.2021
Brief an die Gemeinden im Kirchenkreis Stendal

Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. (2. Tim 1,7)

 

Liebe Schwestern und Brüder, wir leben in aufregenden und aufgeregten Zeiten. Wer von uns hätte vor einem Jahr damit gerechnet, dass es ein zweites Osterfest unter Pandemie-Bedingungen geben wird. Die Zahlen sprechen für sich – ein aktueller Inzidenzwert von fast 170 mit steigender Tendenz und die bange Frage: dürfen wir Gottesdienste feiern unter diesen Bedingungen oder nicht? Wie ist die Rechtslage und was gebieten uns Verstand und Rücksichtnahme. In einem anderen Zusammenhang hat der Apostel Paulus den viel zitierten Satz gesagt: „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient auch zu Guten!“ (1. Korinther 6, 12) In vielen Gemeindekirchenräten gehen die Meinungen gerade sehr auseinander: die einen haben große Sorge, dass das analoge Feiern von Gottesdiensten die Ansteckungen provozieren könnte. Die anderen verweisen mit Recht auf die positiven Erfahrungen der Weihnachtsgottesdienste und die jeweils eigenen Hygienekonzepte. Und beide Positionen sind vom Grundsatz her berechtigt. Viele Gemeindekirchenräte sind verunsichert und wünschen sich ein klares Signal von Landeskirche oder Kirchenkreis. Aber wie könnte das aussehen? Raten wir von Gottesdiensten ab, fühlt sich die eine Gruppe missverstanden und von ihrer Kirche im Stich gelassen. Und umgekehrt ebenso. Der Kreiskirchenrat hat sich gestern Abend engagiert mit dieser Frage beschäftigt und lässt Sie alle von Herzen grüßen. Wir waren miteinander einig darin, dass wir die Spannung zwischen beiden Positionen nicht auflösen können. Auch in unserem Gespräch wurden gute Argumente für beides eingetragen und bei einer Abstimmung wäre möglichweise ein Patt herausgekommen. Deshalb möchte ich Sie aus dem Kreiskirchenrat heraus ermutigen, die für Sie und Ihre Gemeindesituation im Augenblick stimmige Entscheidung zu treffen. Wer Gottesdienste analog und unter den gewohnten AHA-Regeln feiert (Abstand halten/ Hygieneregeln beachten/ Alltagsmasken tragen), findet ebenso unsere volle Unterstützung, wie die Gemeinden, die mit alternativen Angeboten (offenen Kirchen, Andachten für den Briefkasten, Digitale Formate), aber ohne Gottesdienste mit Kontakten die Passions- und Osterfeiertage begehen. All das braucht unseren Respekt und wird nach guter demokratischer Manier entschieden. Eine Entscheidung „von Oben“ wird es jedenfalls nicht geben.


Seien Sie alle herzlich gegrüßt und bleiben Sie behütet – zwischen der Stille vor dem Kreuz und dem Jubel am Ostermorgen Ihr Michael Kleemann