20.09.2023
Grünkäppchens Urlaubsgeschichte
Grünkäppchen, der junge Mann mit der gehäkelten grünen Mütze aus Grünenwulsch, saß vor dem Haus seiner Eltern und erzählte von seinem Urlaub an der Ostsee. An einem Schietwettertag war er gegen Mittag in ein Fischrestaurant gegangen, das ihm empfohlen worden war.
Das Fischrestaurant sah aber gar nicht aus wie eine Gaststätte, sondern wie eine alte Fischerkate aus dem 19. Jahrhundert. Im Flur hingen gemalte Bilder von Lastenseglern und Leuchttürmen an der Wand. Auf der Fensterbank standen eine Signallampe, ein Modellfischkutter und ein ausgestopfter Kugelfisch. Und neben dem Garderobenständer hingen ein Fischernetzt mit Seesternen und Ölzeug an der Wand.
Wie bei „Den olen Fischer un sin Fru“. In der guten Stube waren nur eine Hand voll Gäste. Und weil sonst nichts los war, hatte sich der Seniorchef zu den Gästen gesetzt. Er hatte eine qualmende Pfeife im Mund und eine gehäkelte, grüne Mütze auf dem Kopf und sprach Grünkäppchen gleich auf seine grüne Mütze an. Grünkäppchen erzählte von seiner altmärkischen Heimat. Er berichtete von Feld, Wald und Wiesen „In the Middle of Nüscht“. Und dann schwärmte er dem Alten von den vielen Kirchen der Altmark vor und dem Tauffest an der Elbe am Arneburger Hafen. Bei diesem Thema wurde der alte Fischer hellhörig und fragte ganz direkt: „Und wie ist es mit dir und Jesus Christus?“ Grünkäppchen war überrascht. Tja, woran hängt mein Herz? - Dann erzählte er davon, dass er getauft und konfirmiert war, dass er Kirchenmitglied und Gottesdienstbesucher war (zumindest Weihnachten, Ostern und am Erntedankfest), und dass er sein Vaterunser und das Glaubensbekenntnis könnte. Warum? Der alte Fischer erzählte dann von seinem Leben als Fischer an der mecklenburgischen Küste und nach der Wende dann bei der Hochseeflotte. „Ein Fischer muss immer damit rechnen, dass die nächste Fahrt die letzte sein kann!“ Das hatten ihm seine norwegischen Kameraden häufig eingeschärft. Das Leben hängt immer am seidenen Faden.
Einmal gerieten seine Kameraden und er in einen heftigen Orkan auf hoher See. Der Hochseetrawler schlug Leck und begann zu sinken. Die Fischer wurden im Angesicht des Todes ganz ruhig und fingen an ein bekanntes norwegisches Beerdigungslied zu singen: Ich bin ein Seemann auf dem Meer des Lebens. Die Kameraden hatten ihre Sache mit Jesus Christus in Ordnung und waren bereit vor ihren Schöpfer zu treten. „Daher ist es wichtig im Glauben zu leben und die Hoffnung nicht zu verlieren!“ Und da spielt es keine Rolle, ob man im Eismeer fischt, auf der A 14 zwischen Magdeburg und Lüderitz Auto fährt oder an der Ostsee im Urlaub ist. Niemand lebt ewig und alle müssen wir sterben. Die Frage ist nur wie? Mit Todesangst vor dem großen Nichts oder mit Hoffnung auf das ewige Leben?
Der Fischer und seine Kameraden wurden dann schließlich von einem Helikopter der Küstenwache gerettet, und das Erste, was dann auf dem näherkommenden Festland zu sehen war, war eine große Kirche. Der alte Fischer bekannte: „Die Fischerkameraden und ich wussten, wie schon so viele Fischer vor uns, wem wir zu danken hatten für unsere Rettung. Und seit diesem Tag habe ich meine Sache mit Jesus Christus in Ordnung. Und es freut mich sehr, dass auch du, lieber Grünkäppchen, zu Jesus Christus gehörst!“
Hier endet Grünkäppchens Urlaubsgeschichte und hier frage ich: Wie ist es mit ihnen und Jesus Christus? In den Stürmen auf dem Meer des Lebens einfach aufgeben und dann das große Garnichts? Grüne Wiese und keiner, der um mich trauern soll? Nein! Ich weigere mich zu glauben, dass die Herzen der Menschen so lieblos und kalt sind. Denn das Gegenteil von Verzweiflung ist Glaube! Das Gegenteil von Gleichgültigkeit ist Liebe! Und das Gegenteil von Egoismus ist Hoffnung!
Im Hebräerbrief des Neuen Testamentes heißt es: Darum werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat. Geduld aber habt ihr nötig, auf dass ihr den Willen Gottes tut und das Verheißene empfangt. […] Wir aber sind nicht solche, die zurückweichen und verdammt werden, sondern solche, die glauben und die Seele erretten. (Hebr 10, 35-36.39)
Pfarrer Stefan Kemper-Kohlhase aus Kläden