30.10.2020
Besondere Orgeln im Kirchenkreis
Lütgemüllerorgel St. Pretrikirche Seehausen
Buchholzorgel St.Nicolaikirche Osterburg
Die Orgel in der Osterburger Stadtkirche St. Nicolai, fertiggestellt 1825 von den Berliner Orgelbauern Johann Simon Buchholz und seinem Sohn Carl August Buchholz, gehört zu den herausragenden Denkmalinstrumenten in Sachsen-Anhalt. Die Disposition der Orgel zeigt eine „Orgel zwischen den Zeiten“. Das Hauptwerk in klassischem Aufbau, zurückweisend auf die spätbarocken Klangtraditionen des 18. Jahrhunderts, das Oberwerk als Versammlung romantischer Charakterstimmen. Die Pedaldisposition stellt eine für die Klangaussage der Buchholz-Orgeln sehr kennzeichnende Verbindung aus großer Fülle und klanglicher Dezenz dar. Die Wiederherstellung des Schwellers ist eines der größten Gewinne der Restaurierungsmaßnahme, die von der Orgelwerkstatt Wegscheider Dresden ausgeführt wurde. Die Buchholz-Orgel gehört nun zu den wertvollen historischen Orgeln der Altmark, neben der Scherer-Orgel in Tangermünde, der Gansen-Orgel in Krevese, der Lütkemüller-Orgel in Seehausen der Furtwängler & Hammer-Orgel in Salzwedel. Sie füllt in eindrucksvoller Weise die bisher noch offene orgelbaugeschichtliche „Klanglücke“ des frühromantischen Orgelbaus. Dr. Holger Brülls (stark gekürzt)
Gansenorgel St.Marien & Klosterkirche Krevese
Stellungnahme zum Denkmalwert und zur Restaurierung der historischen Gansen-Orgel in der ehem. Klosterkirche zu Krevese (Altmark)
Die 1721 von Anton Heinrich Gansen für die romanische Klosterkirche in Krevese erbaute einmanualige Orgel ist mit ihren nur 13 Registern, wovon allein 6 zum Pedalwerk gehören, ungewöhnlich klangreich ausgestattet. Ihr architektonisch-konstruktiver Aufbau ist dabei Inbegriff jener barocker Prachtentfaltung, wie sie der nordeuropäische Orgelbau des Barockzeitalters hervorbrachte: zwei große Basstürme für die Pedalpfeifen, vom Fußbodenniveau emporragend und bis zur Emporenbrüstung in den Raum vorgezogen, flankieren das Gehäuse für das freistehende Manualwerk. Solche „Pedaltürme“ waren eine Vorliebe der berühmten Hamburger Orgelbauerfamilie Scherer, die in Stendal und Tangermünde monumentale Orgeln dieses Typs mit sog. „Hamburger Prospekt“ bauten. Insofern repräsentiert die Kreveser Orgel die kleinste Form einer großen barocken Orgel gewissermaßen in miniaturhafter Ausführung.
Die Gansen-Orgel ist in ihrer historischen Klangsubstanz, ihrer eindrucksvollen Konstruktionsart sowie architektonischen und bildkünstlerischen Gestaltung eines der bedeutendsten Dokumente des Landorgelbaus in hochbarocker Zeit im norddeutschen Raum. Den Pfeifenlabien sind groteske Masken aufgemalt, Ausdruck des zeittypischen „stylus fantasticus“. Neben der musikalischen und konstruktiven Besonderheit erwächst dieser Denkmalorgel daraus auch der kunsthistorische Charakter eines barocken Gesamtkunstwerkes aus Klang, Architektur und Malerei.
Im Orgelbestand des Bundeslandes Sachsen-Anhalt zählt die Gansen-Orgel zu den wertvollsten Klangdenkmalen ihrer Epoche überhaupt. Mit Blick auf die herausgehobene orgelbaugeschichtliche Bedeutung des Instrumentes wird daher die Förderung der Restaurierung von Orgelwerk und Orgelprospekt aus der Sicht des Landesamtes mit größtem Nachdruck empfohlen.